Mit dem Pilot-Projekt in der Begegnungsstätte Sommerkamp beginnt die alsterdorf assistenz west gGmbH den Weg in die Peerberatung. Ausgangspunkt war die umfassende Umgestaltung der Begegnungsstätte: Da sich das Team nach der Neugestaltung auch konzeptionell neu ausrichten wollte, wurde der Gedanke geboren, an dieser Stelle Peerarbeit aufzubauen, also Personen, die selbst eine psychische Erkrankung erlebt haben, in die Arbeit der Begegnungsstätte einzubeziehen.
„Für uns ist der Ansatz der Peerberatung als integraler Bestandteil unserer Dienstleistung von zentraler strategischer Bedeutung, da in ihm ein handlungsleitendes Grundkonzept unserer Arbeit umgesetzt wird: Empowerment. Empowerment bedeutet, dass Menschen eigene Fähigkeiten und Kompetenzen entwickeln können, ihre Lebenswelt selbst zu gestalten. Die Peers als Experten aus Erfahrung haben eine ganz andere Perspektive auf die Ressourcen und Möglichkeiten von Klient*innen in Richtung Selbstwirksamkeit und Selbsthilfe“, so beschreibt Bereichsleitung Daniel Guckelsberger die Bedeutung der Peerarbeit für die strategische Ausrichtung der alsterdorf assistenz west.
In einer ausführlichen Vorbereitungszeit, begleitet durch den Fachbereich Dienstleistungsentwicklung, wurde das Pilotprojekt fundiert vorbereitet: In verschiedenen Treffen und Klausurtagen, ergänzt durch die phasenweise Begleitung durch Gwen Schulz, selbst Peer und ausgebildete Genesungsbegleiterin im UKE, hat sich das Team intensiv mit allen Aspekten des Themas Peerarbeit beschäftigt. Auch besuchte die Steuerungsgruppe die Fachtagung „Erfahrungswissen als Weg und Ressource“ (Psychiatrie-Jahrestagung, BeB) zu Peerarbeit in Berlin. Nach Abschluss dieser Projektphase wurden schließlich zwei im Ex-In®-Modell ausgebildete Genesungsbegleiter mit je einer halben Stelle eingestellt.
Das Ex-In®-Modell (und somit auch die Ausbildung) basiert auf der Überzeugung, dass Menschen, die psychische Krisen durchlebt haben, diese persönlichen Erfahrungen nutzen können, um andere Menschen in ähnlichen Situationen zu verstehen und zu unterstützen. In einem europaweit gültigem Ausbildungsprogramm setzen sich die Teilnehmenden intensiv mit relevanten Themen auseinander und werden hierbei durch ein Moderatorenteam unterstützt. Gestartet haben die zwei neuen Genesungsbegleiter im Februar.
Neben der Arbeit am Empfang, nehmen sie an Gruppenangeboten teil, sind bei Beratungsgesprächen und bei psychosozialen Entlastungsgesprächen dabei und nehmen auch eigene Beratungstermine im Tandem mit pädagogischen Mitarbeiter*innen wahr. Das Projekt ist erfolgreich angelaufen: Klient*innen, die zuvor eher selten in die Begegnungsstätte kamen, kommen nun aufgrund der Peerberatung gezielt und regelmäßig in die Begegnungsstätte. Aber auch innerhalb des Teams haben sich positive Effekte ergeben. „Im Team gibt es jetzt eine große Harmonie, die Genesungsberater werden als Kollegen absolut akzeptiert. Alle profitieren von dem Projekt“, so berichtet Lutz Reichert-Beliaeff, Leiter der Begegnungsstätte.
Die Projektdauer ist auf zwei Jahre angelegt. Nach erfolgreichem Abschluss soll die Peerberatung in weiteren Standorten der alsterdorf assistenz west gGmbH eingeführt werden.
Text: Melanie Nähring
Fotos: Lutz Reichert-Beliaeff